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Fakten zu Lithium-Ionen-Batterien

und zur Batterie-Alternative in der Elektromobilität: Wasserstoff

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Immer wieder streuen Journalisten und Populisten Negativthemen zu Lithium-Ionen-Batterien und deren Produktion und verunglimpfen diese seit 1991 vorhandene und stetig weiterentwickelte Batterietechnologie, meist im Zusammenhang mit der Elektromobilität. Aber wie hoch ist der Wahrheitsgehalt dieser Meldungen? Im Folgenden zitieren wir Inhalte der Internetseite von Herrn Prof. Dr. Volker Quaschning, Wissenschaftler und Dozent der Hochschule für Technik und Wissenschaft (HTW) in Berlin sowie jahrelanger Experte in der Erneuerbaren-Energien-Branche, weil diese Inhalte sehr treffend unsere Meinung darstellen.

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Negativbehauptung Nr. 1:

Die Herstellung von Lithiumbatterien verschlingt Unmengen an Wasser. Darum ist z.B. das Elektroauto keine Alternative zu "Verbrennern".

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Fakten: Lithiumakkumulatoren, also wieder aufladbare Lithiumbatterien, werden seit den 1990er-Jahren verwendet. Während man früher im Sprachgebrauch noch zwischen Akkumulatoren und nicht wieder aufladbaren Batterien unterschieden hat, umfasst heute der Begriff Batterie oftmals beide Varianten. Haupteinsatzgebiete waren bislang Consumergeräte wie Videokameras, Laptops oder Handys. Auch in Einwegbatterien kommt Lithium zum Einsatz. Die verwendeten Rohstoffe sind die gleichen wie beim Elektroauto oder auch Solarbatteriesystemen. Erstaunlicherweise ist ausschließlich der Wasserverbrauch bei der Lithiumgewinnung für die Elektromobilität in der Kritik. Beim eigenen Handy oder Laptop wird hingegen großzügig über das Thema hinweggesehen.

Für die Herstellung von einer Tonne Lithium werden laut Lesch/ZDF bis zu zwei Millionen Liter Wasser benötigt. Andere Quellen gehen "nur" von 400.000 Liter Wasser aus. Aber auch das klingt erst einmal viel. Nun ist der Lithiumbedarf für Lithiumbatterien relativ gering. Für einen Batteriespeicher mit einer Speicherkapazität von einer Kilowattstunde benötigt man nur 80 bis 140 Gramm Lithium (Quelle: Quaschning, Volker: Regenerative Energiesysteme. Hanser Verlag München, 10. Auflage 2019). Ein Tesla Model S braucht etwa 10 Kilogramm Lithium, andere Elektroautos mit kleineren Batterien entsprechend weniger. Damit liegt der Wasserbedarf für das Lithium einer Tesla-Batterie zwischen 4.000 und 20.000 Liter.

Auch für die Herstellung anderer Produkte des täglichen Bedarfs ist der Wasserbedarf enorm (Quelle: Schwochow, J.: Wie viel Wasser verbrauchen wir? Fassung vom 06.08.2019). So liegt der genannte Wasserbedarf gerade einmal in der gleichen Größenordnung wie die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch (Quelle: Sanktjohanser, Florian: Ein Kilo Rindfleisch kostet 15.000 Liter Wasser. Welt Wissen, 28.01.2010). Dieser Vergleich soll die Umweltprobleme bei der Lithiumgewinnung nicht verharmlosen, jedoch in den Kontext des Wasserbedarfs einbetten. Die extreme Kritik am Wasserbedarf für Batterien von Elektroautos scheint bei einer solchen Einordnung doch etwas überzogen, zumindest von Autofahrern, die gerne Fleisch essen. Derzeit wird intensiv daran gearbeitet, den Lithiumbedarf für Batterien weiter zu verringern. Eine Reduktion um den Faktor zehn ist durchaus im Bereich des möglichen, was den Wasserbedarf für die Lithiumgewinnung pro Fahrzeug noch einmal drastisch reduzieren wird, sodass er dann gerade einmal einem 100g kleinen Rindersteak entsprechen würde.

Für die Gewinnung von Lithium wird außerdem kein Trinkwasser benötigt. Das Lithium befindet sich in unterirdischer Sole, also Salzwasser. Die größten Fördergebiete befinden sich in Südamerika. Hier wird das Salzwasser aus unterirdischen Seen in Wüstenregionen nach oben gefördert und in großen künstlichen Becken verdunstet, bis das reine Lithiumsalz zurückbleibt. Hierbei geht also erst einmal kein wertvolles Trinkwasser verloren. Die große Entnahme von Salzwasser kann aber zum Nachströmen von Trinkwasser aus angrenzenden Regionen führen. Die unterirdischen Wasserflüsse in der betroffenen Region sind noch nicht ausreichend erforscht. Außerdem ist der Landverbrauch für die Verdunstungsbecken sehr groß, auch wenn es sich dabei in der Regel um Wüste handelt. In der Forschung werden darum bereits alternative Verfahren zur Gewinnung von Lithium aus Salzwasser ohne Wasserverdunstung entwickelt. Mittelfristig könnte dann das Wasser wieder in den Untergrund zurückgepumpt oder daraus sogar Süßwasser gewonnen und als wertvolles Trinkwasser für die Region genutzt werden.

Das Problem des Wasserverbrauchs bei der Lithiumgewinnung ist also heute im Vergleich zu anderen Produkten bereits überschaubar und mittelfristig vollständig lösbar und damit kein Argument, nicht weiter auf das Elektroauto im Speziellen oder die Lithium-Batterie grundsätzlich zu setzen. Bei der Kritik des Wasserverbrauchs bei der Lithiumgewinnung wird nämlich ein Argument gerne vergessen: Gerade für die Gewinnung von Treibstoffen für Autos mit Verbrennungsmotoren, z. B. beim Abbau von Teer- und Ölsanden, ist der Wasserverbrauch und die Umweltbelastung viel extremer. Für 1 Barrel Öl (159 Liter) werden hierbei ca. 5 Barrel Wasser verbraucht (Quellen: Greenpeace: Teersand in Kanada. 14.02.2014) und Greenpeace: Ölsandabbau in Kanada: dramatische ökologische und klimatische Auswirkungen. Hamburg 02/2010).

 

Das Gesetz der großen Zahlen ohne Relationen!

Laut der BP-Internetseite gewinnt man aus einem Barrel Rohöl eine Benzinmenge, mit der ein Pkw ca. 450 km weit fahren kann. Bei einer angenommenen Pkw-Gesamtfahrleistung von 200.000 km verbraucht man umgerechnet somit 444 Barrel Rohöl und folgerichtig bis zu 2.222 Barrel (353.298 Liter) Wasser, nur für den Benzin-Treibstoff. In Relation dazu erscheinen die 4.000 bis 20.000 Liter Wasserverbrauch bei der Herstellung einer Auto-Lithiumbatterie doch sehr gering. Denn während der Fahrt verbraucht das Elektroauto gerade einmal so viel Wasser, wie es zur Reinigung der Windschutzscheibe benötigt. Eine einzelne große Zahl - wie oben die 2 Millionen Liter Wasser für eine Tonne Lithium - wirkt ohne Relation zu anderen oftmals erschreckend. Noch erschreckender ist allerdings, wenn solche Zahlen auch noch falsch sind. Hinterfragen Sie also und stellen Sie Relationen an, um der Zahl das notwendige Gewicht zu verleihen, die sie verdient.

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Negativbehauptung Nr. 2:

Bei der Herstellung von Lithiumbatterien kommen seltene Erden und Kobalt zum Einsatz, das unter unwürdigen Bedingungen mit Kinderarbeit gewonnen wird.

 

Fakten: Von der Lithiumbatterie gibt es ca. 30 verschiedene Zellchemie-Varianten mit unterschiedlichen Materialien. Seltene Erden werden in den gängigen Varianten bislang nicht benötigt. Dieses Argument können wir hier also klar widerlegen.

In der positiven Elektrode der Lithiumbatterie kommen Lithium-Metalloxide zum Einsatz. In vielen gängigen Varianten wird dabei auch Kobalt verwendet. Es gibt aber auch heute schon kobaltfreie Lithiumbatterien, zum Beispiel die Lithiumeisenphosphat-Batterie. Viele Hersteller arbeiten an einer Reduktion des Kobalt-Einsatzes oder anderen kobaltlosen Alternativen. Längerfristig ist es wahrscheinlich, dass sich komplett kobaltfreie Batterien durchsetzen werden. Heute wird Kobalt aber tatsächlich in vielen Batterien noch verwendet.

Um es ganz klar zu sagen: Kinderarbeit ist inakzeptabel und ist leider weltweit sehr verbreitet. UNICEF schätzt, dass es weltweit 152 Millionen Kinderarbeiter gibt, die "unter Bedingungen arbeiten, die sie ihrer elementaren Rechte und Chancen berauben". Viele importierte Lebensmittel und Produkte werden mit Hilfe von Kinderarbeit produziert. Kinder arbeiten in Steinbrüchen, in Minen, in der Landwirtschaft, in Werkstätten oder der Textilproduktion.

Rund die Hälfte des Kobalts weltweit wird in der Demokratischen Republik Kongo gefördert. Im Kongo ist, wie in vielen Ländern Sub-Sahara Afrikas, Kinderarbeit weit verbreitet. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich mit Hilfe von Kinderarbeit gewonnenes Kobalt in einer Auto- oder Heimbatterie befindet, ist damit nicht gering. Auch beim Kauf von T-Shirts oder Schokolade ist die Wahrscheinlichkeit von Kinderarbeit hoch. Hinzu kommt, dass bei Autos mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren Kinderarbeit bei der Gewinnung oder Verarbeitung einzelner Rohstoffe ebenso wahrscheinlich ist, ohne dass dies im Fokus der öffentlichen Diskussion steht.

Insofern ist es erfreulich, wenn im Zuge der Einführung der Elektromobilität die Problematik der Kinderarbeit endlich wieder breiter diskutiert wird. Alle können einen Beitrag leisten, die Situation zu verbessern, indem sie Produkte mit dem Fairtrade-Siegel kaufen. Auch bei anderen Produkten, wie T-Shirts, Handys, Laptops oder eben auch Autos muss Druck auf die Hersteller ausgeübt werden, auf faire Arbeitsbedingungen zu achten. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass sich die Lebensbedingungen und die politischen Situationen in den betroffenen armen Ländern der Erde verbessern. Auch hier haben wir als Einwohner von einem reichen Land eine besondere Verantwortung, dies zu unterstützen. Hier sind wir als Verbraucher gefragt, bei den Herstellern kritisch nachzufragen und von der Politik die dafür nötigen Rahmenbedingungen zu fordern.

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Negativbehauptung Nr. 3:

Wenn wir nur noch Elektroautos haben und alle gleichzeitig laden, bricht das deutsche Stromnetz zusammen.

 

Fakten: In verschiedenen Beiträgen (wie Ebert, Vince: Was wäre, wenn wir alle elektrisch fahren würden? Spektrum.de vom 19.03.2017 und Lesch, Harald: Brennstoffzelle im Auto: Besser als Lithiumakkus? Terra X Lesch & Co vom 05.06.2019) wird erläutert, dass unser Stromnetz beim gleichzeitigen Laden von 1 Millionen Elektroautos mit einer Ladeleistung von 350 Kilowatt komplett überlastet wäre. In einer Replik habe ich zusammen mit Stefan Rahmstorf bereits 2017 darauf hingewiesen, dass unsere Netze ebenfalls zusammenbrechen würden, wenn alle Deutschen gleichzeitig ihren Staubsauger oder ihren Fön einschalten (Quelle: Quaschning, Volker; Rahmstorf, Stefan: E-Autos - Der Kollaps bleibt aus. Spektrum.de vom 30.03.2017). Auch wenn Millionen von Deutschen gleichzeitig zur nächsten Tankstelle fahren, würde bei uns im Land das absolute Chaos ausbrechen. Entscheidend bei der Frage der Überlastung der Netze und anderer Teile der Infrastruktur ist die Gleichzeitigkeit.

Erst einmal ist es also richtig, dass wir mit dem derzeitigen Netz auf absehbare Zeit nicht gleichzeitig eine Millionen Elektroautos mit 350 Kilowatt laden können. Andererseits kann man derzeit noch gar keine bezahlbaren Elektroautos kaufen, die sich mit 350 Kilowatt laden lassen. Die meisten Ladevorgänge finden an regulären Stellplätzen statt. Im Durchschnitt fährt ein Auto in Deutschland 38 Kilometer am Tag. Selbst bei einer Ladeleistung von 2,3 Kilowatt, die über eine herkömmliche (Schuko)Steckdose möglich ist, ist diese Strecke in rund 3 Stunden wieder nachgeladen (s. Tabelle unten). Bei einer Ladeleistung von 350 Kilowatt benötigt dies nur rund eine Minute. Es drängt sich die Frage auf, warum man das machen sollte, wenn man weiß, dass dies enorme Kosten verursacht, die Lebensdauer der Batterie stark leidet und das Auto sowieso 10 Stunden am Stellplatz neben der Steckdose herumsteht.

Grafik Reichweitengewinn.JPG

Wenn wir bei allen Autos die rund 7 Kilowattstunden an elektrischer Energie für 38 Kilometer durchschnittliche Fahrleistung über den Tag gleichmäßig verteilt nachladen, ergibt sich gerade einmal eine durchschnittliche Ladeleistung von weniger als 300 Watt, nicht mal ein Tausendstel der genannten Spitzenleistung von 350 Kilowatt. Bei der Elektromobilität kommt es also darauf an, die Ladeleistung aller Autos gleichmäßig zu verteilen, was bei dem Durchschnittsauto recht einfach machbar ist, wenn am Ende alle Stellplätze über eine einfache, gesteuerte Steckdose verfügen. Natürlich müssen wir für die Elektromobilität zusätzliche erneuerbare Kraftwerke bauen und die eine oder andere Leitung verstärken. Selbst wenn wir alle vorhanden Autos durch Elektroautos ersetzen würden, würde der deutsche Strombedarf "nur" um rund 20 Prozent ansteigen. Technisch und ökonomisch ist das in absehbarer Zeit problemlos zu leisten, zumal jährlich auch Milliardensummen für den Import von Erdöl eingespart werden können.

Lediglich bei Vielfahrern stellt sich die Frage nach hohen Ladeleistungen. Aber auch hier wird die Digitalisierung Lösungen bereithalten. Problematisch sind hohe Ladeleistungen nur, wenn damit viele Autos gleichzeitig geladen werden. Denkbar ist ein System, das alle Fahrstreckenwünsche so koordiniert, dass die dafür nötigen Schnellladestopps zeitlich gleichmäßig verteilt werden. Wenn künftig also das eigene Elektroauto entlang der geplanten Fahrstrecke vollautomatisch Ladestopps während zugewiesener Ladeslots ansteuert, wäre das Problem gelöst. Manchmal wünscht man sich als Ingenieurwissenschaftler, dass Kritiker deutschen Ingenieuren einfach nur mal zutrauen würden, für technisch lösbare Probleme am Ende auch Lösungen zu entwickeln.

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Negativbehauptung Nr. 4:

Für den Klimaschutz sollten wir besser auf das Brennstoffzellenauto anstatt auf das Batterieauto setzen.

 

Fakten: Für den Betrieb eines Brennstoffzellenautos muss erst einmal Wasserstoff hergestellt und auf hohen Druck gebracht werden. Im Auto selbst muss dieser dann mit Hilfe einer Brennstoffzelle zurückverstromt werden. Beides verursacht hohe Verluste, sodass ein Brennstoffzellenauto fast dreimal so viel Strom zum Herstellen des nötigen Wasserstoffs braucht wie ein Batterieauto zum Laden der Batterien. Wenn man also beide Fahrzeugvarianten vergleichen möchte, muss man beim Brennstoffzellenauto auch den Herstellungsaufwand für den Wasserstoff berücksichtigen. Dafür fällt hier der hohe Herstellungsenergieaufwand für die Batterie weg. Unterm Strich unterscheidet sich am Ende die Klimabilanz beider Fahrzeugvarianten kaum (Quelle: Sternberg, André; Hank, Christoph; Hebling, Christopher: Treibhausgasemissionen für Batterie- und Brennstoffzellenfahrzeuge mit Reichweiten über 300 km).

Derzeit wird ein Großteil des Wasserstoffs in Deutschland aus Erdgas gewonnen. Vorteile für den Klimaschutz lassen sich damit nicht generieren. Wollten wir alle Autos durch Brennstoffzellenautos ersetzen und den Wasserstoff durch erneuerbare Energien in Deutschland gewinnen, müssten wir auch fast dreimal so viel Windkraft- und Solaranlagen aufstellen. Zumindest für das Aufstellen der nötigen Windkraftanlagen fehlen in Deutschland aber die dafür benötigten Standorte (Quelle: Quaschning, Volker: Sektorkopplung durch die Energiewende. HTW Berlin, 2016). Bei der Wasserstofflösung wären wir also auf den Import von regenerativem Wasserstoff angewiesen. Dies in den für den Klimaschutz erforderlichen Zeitfenstern zu realisieren, dürfte schwer werden. Außerdem wird die Wasserstofflösung wegen der hohen Wirkungsgradverluste, der im Vergleich zu einer E-Ladesäule etwa 20fach teureren Errichtungskosten einer Wasserstoff-Zapfanlage und der Transportkosten des Wasserstoffs zu einzelnen Tankstellen am Ende auch teurer sein als die Batterievariante.

Darum ist es sehr wahrscheinlich, dass die Wasserstofflösung vor allem bei Fahrzeugen mit hohen täglichen Fahrleistungen wie LKWs, Bussen oder Autos für extreme Vielfahrer zum Einsatz kommt. Das normale Auto für durchschnittliche Anwendungen wird künftig mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein Batterieauto sein. Umweltnachteile gibt es dadurch im Vergleich zur Wasserstoffvariante nicht, eher umgekehrt.

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Informationen zum Thema Ökobilanz einer Lithium-Ionen-Batterie finden Sie hier.

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